Digital Business Strategy, Interviews

Interview: Alexander Gerfer über Innovation durch Co-Creation gemeinsam mit Start-Ups

AlexanderGerfer
Würth-Electronic_2x

Alexander Gerfer ist Geschäftsführer und Chief Technology Officer eines der größten europäischen Hersteller elektronischer und elektromechanischer Bauelemente mit rund 8.300 Mitarbeitern und Sitz in Waldenburg, München, Berlin und Barcelona sowie Forschungs- und Entwicklungs-Standorten im Silicon Valley, Dallas und Shenzhen.

Sein Fach hat der Diplom-Ingenieur (FH) in Elektrotechnik von der Pike auf als Radio- und Fernsehtechniker gelernt.

Als Mann der ersten Stunde im Unternehmen Würth Elektronik eiSos gründete er die Produktentwicklung sowie das Qualitätsmanagement. Sein Anspruch nicht nur als Fachbuch-Autor ist es, technische Inhalte verständlich zu kommunizieren. Auch als gefragter Keyspeaker, Dozent und Förderer innovativer Startups ist er international unterwegs.

we.CONECT: Wo sehen Sie aktuell den größten Bedarf für Innovation in der fertigenden Industrie?

Alexander Gerfer: Wir müssen künftig für noch volatilere Märkte noch effizienter, bedarfsgerechter und umweltschonender fertigen. Wie wäre es mit einer lokalen Produktion von Gütern, da wo sie gebraucht werden. On-Demand – dem Bedarf entsprechend und unter massiver Reduktion der Transportwege. Also – Beispiel 3D Druck und vor Ort müssen halt nur die Rohstoffe gelagert sein, aus denen das Produkt entsteht. Die Grundstoffe werden transportiert, aber eben ressourcenoptimiert mit dem besten Transportmittel.

Um mit bestehenden Rohstoffen schonend umzugehen und Emissionen weiter zu reduzieren.

we.CONECT: Was ist in ihren Augen die relevanteste Innovation, wenn es eine gibt, die wir in den letzten Jahren gesehen haben?

Alexander Gerfer: Wie schon erwähnt, der 3D Druck. Da gibt es unwahrscheinliche Fortschritte, was nun alles in welchen Qualitäten gedruckt werden kann. Mein ganz persönlicher Favorit sind aber die Ideen und Fortschritte im Bereich Horticulture LED, Urban & Vertical Farming – weil hier die Technik Antworten auf ganz existenzielle Zukunftsfragen gibt.

we.CONECT: Worin liegt im Gegensatz zu unternehmensinternen Abteilungen der große Vorteil, Innovation extern über Start-Ups voranzutreiben? Oder sind das zwei Säulen, auf die man parallel bauen sollte?

Alexander Gerfer: Beide Modelle wirken unterschiedlich und beide sollten genutzt werden. Vorteil von Start-Ups ist, dass sie neue Ideen oftmals deutlich agiler vorantreiben und ihre Innovationen sehr viel „exotischer“ und disruptiver sein können – sogar sein müssen. Dort wo Innovationen Investitionen in große Systeme und Anlagen voraussetzen oder als technische Weiterentwicklungen in bestehenden Geschäftsmodellen ausgerollt werden, haben interne Entwicklungsabteilungen ihre Vorteile.

we.CONECT: In Ihrer Case Study auf der DTIM werden Sie unter dem Titel “Co-Creation – Start Up Identifikation und der Weg zum erfolgreichen Produkt bei Würth Elektronik” sprechen. Was werden die Teilnehmer aus Ihrem Vortrag mitnehmen können?

Alexander Gerfer: Ich möchte zeigen, dass Start-Up Förderung mehr als nur Finanzierung ist. Wir zeigen an Praxisbeispielen, wie Würth Elektronik über Wissenstransfer zu Elektronikdesigns, mit Zulassungsexpertise, mit der flexiblen Bereitstellung von Bauteilen und mit Hilfen bei der Vernetzung mit Fertigungsunternehmen schon vielen Start-Ups dazu verholfen hat, schneller überzeugendere Prototypen und marktreife Produkte präsentieren zu können. Gerade für Gründer ist das interessant: Diese Hilfen kosten keine Anteile und haben enormen Hebel in Richtung Markteintritt, Ramp-up und Entwicklungs- und Produktkosten.

we.CONECT: Scheitern die meisten Unternehmen daran, innovativ zu sein, weil sie es nicht schaffen, den Raum für Kreativität und Ideen zu schaffen?

Alexander Gerfer: Ja, da ist was dran. Man muss aber auch sehen, dass sich hier in den letzten Jahren viel getan hat. Ich glaube, dass die Ideen vielfach schon da wären – aber es oft an Mut im Management fehlt. Innovationen stehen häufig im Wettbewerb zu anderen, aktuell vielleicht noch gut laufenden Produkten im Unternehmen. Und es braucht Mut, sich selbst der stärkste Wettbewerber sein zu wollen.

we.CONECT: Vielen Dank für das Interview, Herr Gerfer! Wir freuen uns auf ihren Vortrag auf der DTIM in einigen Wochen.

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